
Das ist das faszinierendste Segelrennen der Welt
Der America’s Cup gilt als faszinierendster Segelwettbewerb der Welt. Ein Prachtband gibt Einblicke, die bisher nur Insider hatten.
Sie fliegen über das Wasser – mit bis zu 55 Knoten (101 km/h) jagen die Hightech-Jachten über die Meeresoberfläche. Lediglich die Foils, kleine Tragflächen, berühren die Wellen. Es scheint nur noch eine Grenze beim 37. America’s Cup zu geben: die der Physik.
Die Racer kommen sich gefährlich nahe. Wenige Zentimeter trennen sie vom Zusammenstoß. Die Bilder der brenzligen Situationen, der schönen, schnellen Schiffe gehen um die Welt. Millionen Euro wurden in die Entwicklung der Rennmaschinen gesteckt, die vergangenes Jahr in Barcelona bei der Regatta an den Start gingen. Der Kampf um den Sieg beim America’s Cup ist legendär, nicht nur in der Segelwelt.

Es geht um den Pokal „Auld Mug“ (alter Becher). Wer ihn gewinnt, hat es geschafft. Nur er. Denn es gilt: „The winner takes it all“. Er wird zum Verteidiger in der nächsten Runde. Der Herausforderer muss sich in Vorregatten qualifizieren.
In einer Stiftungsurkunde aus dem Jahr 1857 sind die grundsätzlichen Regeln festgelegt. Die Details bestimmt dann jeweils der Sieger.
Magisch
Seinen Ursprung hatte der Bewerb bei einer Regatta rund um die britische Isle of Wight 1851. Er ist somit das älteste, kontinuierlich ausgetragene internationale Sportereignis auf dem Planeten.

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Wunderschöne Jachten 1899 am Start.

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Viel Arbeit (und Geld) steckt in den Schiffen.

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Wo sind die Verfolger? Regatta 1936.

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Ein toller Anblick.
Aber er ist vor allem eines: „Der America's Cup ist magisch. Jede Ausgabe ist eine Herausforderung, die die Messlatte für sportliche Leistungen höher legt und die Grenzen der technologischen Forschung verschiebt“, schreibt Pietro Beccari, CEO von Louis Vuitton im Vorwort zu dem neuen Prachtband „America's Cup. Marc Newson Art Edition“ (Taschen). Er entstand in Zusammenarbeit mit der französischen Luxusmarke.
Der Prachtband
America’s Cup: Limitierte Collector's Edition von Taschen in Zusammenarbeit mit Louis Vuitton. 2.500 Euro. Eine günstigere Ausgabe erscheint im Herbst.
Diese trat in Barcelona wieder als Sponsor auf. Sie gab sowohl der Auswahlserie als auch dem Cup selbst ihren Namen. Dass der alte Becher angeblich im Louis-Vuitton-Koffer verreist, ist mehr als nur ein Gerücht.

Die Grenzen der Technologie auszureizen, sei schon immer Teil des Spiels gewesen, erklärt America’s-Cup-Gewinner Peter Isler in dem neuen Buch. Auf 564 Seiten werden Bilder gezeigt, kommen Experten zu Wort. Sie beschreiben die Entwicklungen, die Jachten, die historischen Details.
Unveröffentlichtes Material und Anekdoten inklusive.

Nicht immer ging es bei der Regatta mit rechten Dingen zu: In der Frühphase etwa schickten die Amerikaner einen Taucher in das Hafenbecken, um das britische Schiff auszuspionieren.
Reich, berühmt, ehrgeizig
Seit den Anfängen fließen eine Menge Geld und Ingenieurskunst in die Entwicklung der Jachten. Luft- und Raumfahrttechnik kommen zum Einsatz. Denn Fliegen und schnelles Segeln folgen ähnlichen Prinzipien. Viele der Innovationen haben rasch ihren Weg in die Schifffahrtsindustrie gefunden: etwa bei Segelmaterialien wie Kevlar und Karbon.

Auch bei der Nutzung moderner Werkzeuge – etwa Windkanäle oder Computermodelle – waren die Entwickler des America’s Cup ihrer Zeit oft voraus. Und da wäre noch der Glamourfaktor: reiche, berühmte Menschen, die unbedingt den Cup gewinnen wollten. Die Wirtschaftsmagnaten und reichsten Männer ihrer Zeit, Cornelius Vanderbilt und William Rockefeller, ließen 1903 die größte Renn-Slup (ein bestimmter Schiffstyp) konstruieren, die jemals gebaut wurde. Auch bei den Herausforderern, die dem New York Yachtclub endlich den Pokal abjagen wollten, fanden sich illustre Namen.

Sir Thomas Lipton, Tee-Magnat, trat das erste Mal 1899 an, das letzte Mal 1930. Mit 82 Jahren schickte er noch einmal ein Schiff ins Rennen: die Shamrock V. Doch wieder blieb ihm der Sieg verwehrt. Sein Lebenstraum, den Pokal nach Großbritannien zu holen, scheiterte.
Dafür steigerte der Selfmademan die Bekanntheit seiner Teemarke in den USA und wurde so einer der Vorreiter des Sportmarketings.
Feiern erlaubt
Erst 1983 gelang der Coup – 132 Jahre nach dem ersten Rennen. Der Pokal, längst eine Art Heiliger Gral des Segelsports, ging nach Australien. Damit endete die längste Siegesserie der Sportgeschichte. Eine große Sache in Down Under: Der australische Premierminister forderte Arbeitgeber dazu auf, es gelassen zu sehen, wenn Angestellte an diesem Tag feiern wollten.

Vor der Übergabe des Pokals mussten die Handwerker in den New York Yachtclub kommen, um „Auld Mug“ abzumontieren: Denn er war hier fest angeschraubt. Seither hat der Wanderpokal einige Stationen hinter sich.
In Zahlen
132 Jahre
blieb der Pokal „America’s Cup“ in den USA beim New York Yacht Club.
69 Zentimeter
war die Trophäe ursprünglich hoch. Heute ist sie mehr als einen Meter groß. Der Sockel wurde aufgestockt, um all die Gewinner eingravieren zu können.
4 Länder
konnten die Trophäe bisher beherbergen. Es gewannen Teams aus den USA, Australien, Neuseeland und der Schweiz.
1 Milliarde Euro
soll die 37. Auflage der Regatta Barcelona gebracht haben, rechneten die Uni Barcelona und der Barcelona Capital Nàutica Foundation vor.
5 Millionen Dollar
kostet das Startgeld für den kommenden America’s Cup in Neapel. Dazu kommen Gebühren. Für die Entwicklung der Schiffe – es wird mit AC75-Booten gesegelt – wird ein weit höherer Betrag fällig.
Den 37. America’s Cup 2024 gewann das Emirates Team New Zealand. Damit darf es entscheiden, wo und wie der nächste Cup ausgetragen wird. Gastgeber 2027 wird Neapel sein – in Neuseeland fehlt die staatliche Unterstützung. Das Tauziehen um Protokoll und Regeln hat längst begonnen. „Der Cup ist so viel mehr als eine Segelbootregatta“, stellt Isler fest, „aber man sollte das schnellste Boot haben, wenn man ihn gewinnen will.“
Das werden alle Teams versuchen. Auch wenn es kein Preisgeld gibt. Die Jachten mit Foils werden über das Meer fliegen, mehr als 100 km/h schnell. Sie werden die Bilder liefern, die die Fans sehen wollen.
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