Warum kaufen die Menschen schon jetzt Weihnachtsbäckerei?

Besser schon jetzt als zu spät? Die Adventnascherei ist im Gespräch. Warum sie aber durchaus Sinn macht.

Muss das sein, Lebkuchen und Kekse im Spätsommer? Ein gefühltes halbes Jahr dauert es noch bis Advent, und in den Supermärkten wird schon die Weihnachtszeit eingeläutet. So nach dem Motto: Besser zu früh als erst nach dem ersten Schneefall.

Andererseits, warum nicht? Es soll ja notorische Naschkatzen geben, die Zimt, Nelken und gebrannte Mandeln saisonunabhängig konsumieren können. Und auch wollen. In Polen etwa. Dort sind die Regale angeblich das ganze Jahr über voll mit Lebkuchen und Backwaren, die bei uns eben erst den Weg in den Verkauf gefunden haben. Zwar noch ohne Engerl oder Sternenstaub auf der Verpackung, aber schon mit dem Appell: Vernasche mich!

Den Handel freut's. "Das ganze Jahr über konsumieren Österreicher:innen gerne Süßigkeiten, mitunter auch Kekse", nimmt die REWE Group (Billa, Penny) gerne zur Kenntnis. Daher hätten diverse Kekssorten als auch Lebkuchen in den Regalen der Supermärkte das ganze Jahr über einen Fixplatz. "Gerade Lebkuchen", so die REWE-Sprecher weiter, "wird gerne schon ab September gekauft.

©Pirker

Die Produzenten freut’s ebenso, schließlich bereiten sie das ganze Jahr über Lebkuchen zu. Aber wollen wir auch das ganze Jahr über von den Aromen der weihnachtlichen Geschmackswelten kosten? Spargel gibt’s ja auch nur zur Spargelzeit.

Wir sollen sogar, meint Katharina Pirker von der gleichnamigen Traditions–Lebzelterei aus Mariazell. „Als ,gesunde Nascherei’ ist dies zu empfehlen“, sagt sie, verweist auf die jahrhundertealte regionale Erfahrung mit der Herstellung dieser Köstlichkeit und lobt den Lebkuchen in höchsten Tönen: „Sein Charakter, Geschmack und seine wohltuende Wirkung aufgrund der enthaltenen Gewürze machen ihn zu einem ,Universal-Genie’.“

Die Wiener Ernährungspsychologin Cornelia Fiechtl, Gründerin der Plattform „Achtsam Essen“, weiß zwar um die werbepsychologischen Tricks von saisonalen Aufstellern im Supermarkt, erkennt hingegen auch die positiven Aspekte der vorzeitigen Adventnascherei. Denn wenn die Zeit erst einmal so weit sei, „steht Weihnachten eher für Stress. Lebkuchen aber verbinden wir mit den angenehmen, positiven Gefühlen, die Weihnachten in uns auslöst“.

So gesehen, hole man sich die nötige Dosis „Wärme, Zusammenhalt, Familie und Sicherheit“ eben schon ein paar Wochen früher ab. Und Vorfreude, so sagt nicht nur das Sprichwort, ist eben die schönste Freude.

Hier schon ein kleiner Hinweis: Ab Oktober - dem "umsatzstärksten Monat im Bereich Lebkuchen" (REWE) - wird in den Supermärkten das Weihnachtssortiment erweitert. Hallelujah!

Frage der Freizeit

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Bernhard Praschl

Über Bernhard Praschl

Bernhard Praschl, geboren 1961 in Linz. Als Stahlstadtkind aufgewachsen zwischen Stadtwerkstatt und Brucknerhaus. 1978 erster Manager der Linzer Punk-Legende Willi Warma. 1979 Studium der Politikwissenschaft und Publizistik an der Uni Wien. Zivildienst im WUK; 1986 Institut für Höhere Studien, Wien. 1989-1992 in der Die Presse, seit 1992 Redakteur im KURIER, 1994 Statist in Richard Linklaters "Before Sunrise", seit 1995 in der FREIZEIT. 2013 "Das kleine ABC des Geldes. Ein Lesebuch für Arm und Reich" (Czernin Verlag). Nach frühen Interrailreisen durch Europa (Portugal bis Irland) und Autofahrten entlang der California State Route und dem Overseas Highway nach Key West jetzt wieder Bahnfahrer - und E-Biker.

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