Prosecco für die Dame

Während der Weltfrauentag hierzulande weitgehend ignoriert wird, feiert man Muttertag umso emsiger.

Da wird gebastelt und geschenkt ohne Ende – nur eines bekommt Mutter und Gattin so gut wie nie: ordentlichen Wein. Mit einem feinen Tropfen ließe sich der fragwürdige Tag wohl leichter ertragen. Die Kombi Frau und Wein scheint vielen Männern immer noch unerträglich. Auch im 21. Jahrhundert trauen viele dem weiblichen Geschlecht nicht zu, weintechnisch zwischen Schrott und Klasse zu unterscheiden. Mit der, selbst in gehobener Gastronomie beliebten Frage: „Für die Dame ein Prosecco?“, glaubt man den weiblichen Ansprüchen Genüge zu leisten. 

Die Weinkarte bekommt man  als Frau meist ohnehin nicht zu Gesicht, selbst wenn am Tisch kein einziger Mann sitzt.

Die Weinkarte bekommt man als Frau meist ohnehin nicht zu Gesicht, selbst wenn am Tisch kein einziger Mann sitzt. Auf beharrliche Nachfrage wird dann gerne die Weinbegleitung empfohlen – eine fürsorgliche Geste wohl, damit Frau sich nicht ihr Köpfchen zerbrechen muss. Bestellt gar eine Frau in Männerbegleitung den Wein, scheint das so manchen Sommelier schwer zu verstören – das Kostglas reicht er lieber dem Mann. Etliche Studien besagen, dass weibliche Nasen besser riechen – eine Einsicht, die sich nicht herumsprechen will. Das mag unter Umständen daran liegen, dass mit Vorliebe Männer ihr önologisches Halbwissen in Gesellschaft bar jeder Scham kundtun. Insbesondere alte weiße Männer neigen dazu, selbst Expertinnen keinen Glauben zu schenken: Sind diese gar anderer Meinung, wird ihnen reflexartig die Kompetenz abgesprochen. 
 

Christina  Fieber

Über Christina Fieber

Christina Fieber kommt aus Salzburg und arbeitet als freie Weinjournalistin in Wien.

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