Was die Briten mit dem Wort Pudding wirklich meinen
Platinum Jubilee Pudding: Auf der Suche nach einer neuen Süßspeise zum Krönungsjubiläum der Queen gilt es auch, das Wesen britischer und europäischer Puddinge zu ergründen.
Ob die Queen wohl delighted wäre, wenn ihr – sagen wir, Blutwurst-Auflauf – zu den Festivitäten ihres 70-jährigen Thronjubiläums vorgesetzt würde? Durchaus möglich. Immerhin zählen der „Black Pudding“, aber auch der "Plum Pudding" zu Weihnachten zu den traditionellsten Speisen, die die britische Insel zu bieten hat.
Eine neue Spezialität zu kreieren scheint dem royalen Anlass dennoch höchst angemessen. So wie anlässlich der offiziellen Krönung 1953 das „Coronation Chicken“ entstand, ein Hühnersalat mit Curry. 2022 (Elizabeth war bereits 1952 formal Königin geworden) sucht man etwas Süßes, das im Rahmen der Feierlichkeiten bei Straßenfesten leicht verzehrt werden kann: Pudding ist gefragt!
Wettbewerb
Doch es wären nicht die Briten, wären im Pudding nicht ganze Geschichten verpackt. Keine Rede vom hierzulande bekannten, wackeligen (Vanille-)Pudding. Vielmehr geht es um einen Überbegriff für jegliche Art von Süßspeisen.
Bis Ende Jänner konnten Briten ab acht Jahren bei der „Platinum Jubilee Competition“ Pudding-Rezepte einreichen. Von der Tarte bis zur Torte war alles erlaubt. Eine Jury aus Backprofis, TV-Köchen und dem Chefkoch des Buckingham Palace wählen in mehreren Runden die besten Rezepte.
Eines der Kriterien: Der Pudding muss für Hobby-Bäcker nachbackbar sein. Die fünf Finalisten treten schließlich in März zum Live-Backen gegeneinander an. Her Majesty Herself konnte dem Vernehmen nach die ersten Rezepteinsendungen bereits begutachten.
Falsche Fährte
Zweifellos führen die Briten die Kontinentaleuropäer mit ihren Pudding-Variationen auf eine falsche Fährte. Eine Begriffsklärung scheint angebracht. „Puddinge enthalten meist einen relativ hohen Ei-Anteil, währendessen der Mehl-Anteil geringer ist“, erklärt Patissière Eveline Wild.
Die Puddinge, von denen hier die Rede ist, ähneln im Grunde Aufläufen, werden zudem meist warm serviert. „Das macht sie locker und saftig.“ Dafür ausschlaggebend ist allerdings eine wesentliche Technik: Im Gegensatz zu Scheiterhaufen und Co. gart ein Pudding langsam im Wasserbad. Idealerweise in einer speziellen Form, die mit einem Deckel verschlossen wird. Diese erinnert wiederum oft an eine kleine Gugelhupfform, ähnlich dieser verfügen viele Modelle über einen Zapfen in der Mitte. Dadurch erreicht der Dampf auch das Innere des Puddings.
Pudding gibt's nicht mehr
Diese Art der Zubereitung war lange auch in Mitteleuropa gebräuchlich und in 40 bis 50 Jahre alten Kochbücher findet sich ein Brotpudding im Kapitel über Aufläufe, gleich unter dem Rezept für Reisauflauf. „Oft entstanden die Rezepte aus einer Restlverwertung heraus“, sagt Wild; etwa für altbackenes Weißbrot.
Auf der süßen Nachspeisenseite, wie es sich in Großbritannien großteils durchgesetzt hat, muss ein Pudding aber nicht unbedingt angesiedelt sein. Fleisch und Gemüse sind willkommene Füllelemente.
So gesehen ist es durchaus schade, dass der Pudding fast verschwunden ist, findet Wild. Gerichte, bei denen Ei-Obers-Mischungen im Ofen bei eher niedrigen Temperaturen stocken, gebe es zwar nach wie vor. Allerdings setzen sich andere Namen durch. Eine Crème brûlée heiße nichts anderes als „gebrannte Creme“.
Puddingpulver
Und wo ist nun der uns bekannte (Vanille-)Pudding einzuordnen? Den gibt es natürlich ebenfalls. Aber nicht als Pudding. In der Küchenfachsprache ist die Masse aus Milch, Obers und Dottern als „gekochte Creme“ oder Patissiercreme bekannt. Im Gegensatz zu den anderen Puddingen wird hier mit Speisestärke eingedickt und müsste richtigerweise Flammeri genannt werden. „Sobald Stärke verwendet wird, muss man die Masse aufkochen. Sonst bindet es nicht.“
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