
Seltener Blick hinter den Kulissen einer Wiener Wirtshaus-Institution
Drei "Neue" in einem über 100-jährigen Wirtshaus: Die Geschichte von Pichlmaiers zum Herkner, die kaum jemand kennt.
Von Martha Miklin
"Macht doch den Herkner", hatte ein Freund Martin und Christiane Pichlmaier vor zehn Jahren vorgeschlagen, als die beiden auf der Suche nach einem neuen kulinarischen Projekt waren.
Die Vorstellung, das ikonische Vorstadtwirtshaus wiederzubeleben, gefiel den beiden. Also pachteten sie das charmante Haus mit dem wildromantischen Pawlatschengarten am Ende der 43er-Linie.
Und brachen gleich mal mit dem Konzept der gehobenen gutbürgerlichen Küche, das dort bis dahin Gesetz war.
"Da ist uns kalter Wind entgegengeblasen", sagt Martin. Das Erbe zweier kulinarischer Legenden, Heinz Herkner und Karl Riedler, wog schwer. Es gebührend weiterführen, aber mit einer ganz eigenen Handschrift, war der Plan: "Man muss die Dinge ja so machen, wie man sie mag. Alles andere ist kurzlebig."
Spaziergang war das keiner
Die alte Herkner-Klientel kam, um zu schauen, zu verkosten – und zu bewerten. Spaziergang war das keiner. "Aber so ist das eben in Wien. In der Zwischenzeit können wir darüber lachen."
"So ist das eben in Wien. In der Zwischenzeit können wir darüber lachen."
Wie am Land - in Wien
Mittlerweile können die Pichlmaiers – er Steirer, sie Tirolerin – auch eine neue Klientel vorweisen, die der Küche wegen die "Anreise" nach Neuwaldegg in Kauf nimmt. Dafür fühlt man sich hier fast wie am Land.
Die Linie, die sie jetzt mit Küchenchef Roman Artner – "unserem Wiener", wie Martin sagt – fahren, hat sich im Laufe der Jahre gefestigt. Im Zentrum stehen feine Bio-Zutaten mit guter Herkunft, die einen Geschmack transportieren und ein Gefühl.

Wer herkommt, bekommt traditionelle österreichische Küche mit internationalen Einflüssen, viel Vegetarisches, auch Innereien zu schmecken. Den Anteil an Bio-Produkten erhöhen die Pichlmaiers kontinuierlich. Tierwohl ist ihnen ein Anliegen, das Wiener Schnitzel aus Bio-Kalbfleisch (keineswegs üblich). Auf der Weinkarte finden sich die besten Österreicher, Naturweine gibt’s auch.
"Wir sind selbstbewusster geworden"
Progressiv-traditionell fühlt sich die Atmosphäre an. Das Pichlmaiers zum Herkner ist ein New-Generation-Wirtshaus mit einer Identität, die sich nicht zuletzt wegen des Gegenwinds so stark ausprägen konnte. "Wir sind selbstbewusster geworden", sagt Martin. "Wir sind so, wie wir sein wollen. Wir stehen hinter dem, was wir tun. Und der Erfolg der letzten Jahre gibt uns recht." Gut, dass sich die Pichlmaiers dazu entschieden haben, den Herkner zu machen.
Gut & guten Gewissens essen gehen?
Im neuen Gastro-Guide auf gaumenhoch.at finden Sie viele weitere Restaurants, die sich für einen nachhaltigen Umgang mit Lebensmitteln einsetzen. In dieser zehnteiligen Serie der freizeit blicken wir hinter die Kulissen einiger dieser Betriebe und erzählen Geschichten, die viele noch nicht kennen.
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