Warum essen und naschen so viele Menschen nebenbei?

Es gibt gute Gründe, warum wir das tun. Obwohl es uns unzufrieden macht. Eine Ernährungspsychologin weiß, was dagegen hilft

In der Früh einen Coffee to go, zu Mittag ein Käsesemmerl vorm Computer, später einen Schokoriegel und abends die Chips auf der Couch beim Fernsehen. Wer kennt nicht Tage wie diese? Und wann haben Sie sich das letzte Mal an den Tisch gesetzt, um NUR zu essen, ohne Smartphone, ohne irgendeine Ablenkung?

Dass die Ernährung einerseits immer wichtiger wird, aber oftmals nur nebenbei passiert, beobachtet auch Ernährungspsychologin Cornelia Fiechtl (achtsam-essen.at). „Für viele Menschen ist das reine Gewohnheit. Sie wurden durch das Elternhaus so sozialisiert oder haben es sich angewöhnt, zu snacken oder zuzugreifen, wenn sich die Gelegenheit bietet.“ Doch es gibt weitere Gründe, warum das, was so wichtig für Wohlbefinden und Energiehaushalt ist, wie ferngesteuert in unseren Mund wandert. „Egal, ob Schokolade oder andere Snacks, beim Naschen werden Dopamine ausgeschüttet, was schmerzlindernd, entspannend und wohltuend wirkt“, so Fiechtl. Den gleichen Effekt erhalten wir zwar auch, wenn wir Sport treiben oder ein erfüllendes Hobby ausüben. „Doch viele Menschen fühlen über den Tag viel Anspannung und wollen diese schnellstmöglich loswerden“, erklärt Fiechtl den Bewältigungsmechanismus. Und negativer Stress verführt uns dazu, schneller zum Schokoriegel zu greifen. „Das läuft zwar unbewusst ab, ist aber sehr effizient.“ Das Problem sei dann das schlechte Gewissen danach. Ein Teufelskreis. Sie ahnen schon, was eine Lösung sein könnte? Genau, sich mehr Zeit zum Essen nehmen und achtsamer zu genießen. „Dabei geht es auch darum, dem übervollen Terminkalender etwas entgegenzusetzen. Sich zu fragen: ‚Was brauche ich wirklich? Was ist meine Leidenschaft? Wie schaffe ich mir Highlights?’“, so die Psychologin.

Wem das gelingt, der bringe übrigens gleich mehr Leichtigkeit in die Ernährung. Den Schokoriegel verbieten? „Auf keinen Fall.“ Am Schreibtisch essen? „Wenn es nicht anders geht, dann ist das schon okay.“ Und was macht den Unterschied? „Wenn Sie es tun, dann tun Sie es bewusst, lustvoll und ohne sich selbst zu maßregeln.“

Frage der Freizeit

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Annemarie Josef

Über Annemarie Josef

stv Chefredakteurin KURIER freizeit. Lebt und arbeitet seit 1996 in Wien. Gewinnerin des Hauptpreises/Print bei "Top Journalist Award Zlatna Penkala (Goldene Feder)" in Kroatien. Studium der Neueren Deutschen Literatur in München. Mein Motto: Das Leben bietet jede Woche neue Überraschungen.

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