Kletzenbrot: Weihnachtliches Superfood der Salzbäuerin
Bäuerinnen lüften das Geheimnis ihres Familienrezepts: Kletzenbirnen, Zwetschken, Nüsse und Feigen aus dem eigenen Obstgarten.
Die Backstube der „Salzbäurinnen“ ist von süßem Duft nach Früchten und Brotteig erfüllt. Immer am Dienstag wird am Hof der Familie Jetzinger in der Vorweihnachtszeit das Kletzenbrot gebacken. Nach einem seit Generationen bewährten Rezept, ist das Früchtebrot von Seniorbäuerin Helene Jetzinger und ihrer Tochter Helene junior im Mostviertel weithin geschätzt. Aber auch Stammkunden aus Salzburg holen sich die süßen Brotstriezel ab.
Ein wenig ist das Selbstbewusstsein einer weit über tausendjährigen Hofgeschichte zu spüren, wenn die beiden Bäuerinnen ihre Brotmassen abwägen und zu kleinen Laiben und Striezel formen. Schon im Jahr 800 wurde der Hof dieses „Salzbauern“ nahe Zeillern bei Amstetten urkundlich genannt.
Kletzenbrot aus dem Mostviertel
Zutaten
Zwei Drittel der Brotteigmischung besteht bei Helene Jetzinger aus Früchten. Die gedörrten Kletzenbirnen werden aufgeweicht, gekocht, faschiert und in den Teig gemischt. Dazu kommen fein zerkleinerte Früchte: Dörrzwetscheken, Rosinen, Feigen, Datteln, Aranzini (Orangeat), Walnüsse, Zitronenschale und ein Schuss Rum. Der Alkohol verdampft beim Backen, versichert Bäuerin Jetzinger
Tipps
Für den mit dem „Urchl“ angesetzten Natursauerteig hauptsächlich Roggenmehl verwenden. Der Hüllteig soll möglichst dünn sein. Helene dünnt ihn mithilfe einer Nudelmaschine aus. Ohne Hüllteig verbrennen beim Backen mit 200 Grad die Früchte an der Kruste leicht und werden bitter
Tradition
Das Kletzenbrot ist eines der traditionsreichsten Backwerke aus den bäuerlichen Küchen. Es gilt als Fruchtbarkeitssymbol. Auf den Höfen wurde es in der Christnacht nach der Mitternachtsmette angeschnitten
Rezeptur
„Ich habe am Rezept nichts verändert. Genau so, wie es mir meine Schwiegermutter erklärt und gezeigt hat, machen wir unser Kletzenbrot Jahr für Jahr“, schildert die Altbäuerin. Dabei geht die Arbeit rührig von der Hand. Bereitwillig erzählt sie dem neugierigen Reporter Interessantes über die Zutaten und etliche Ticks zu ihrem Backwerk.
Wichtig sei es, zum Großteil gutes Roggenmehl für den Früchte- und den Hüllteig zu verwenden, ist Helene überzeugt. Wenn sie dann den Inhalt der Fruchtmischung aufzählt, wird rasch klar: Kletzenbrot zählt nicht nur zu den traditionsreichsten Leckereien der Bauernzunft zur Weihnachtszeit, sondern auch zu den nahrhaftesten.
Durch das Trocknen der Birnen und Zwetschken hat man seit jeher die Ernte der Obstbäume für den Winter konserviert. Konzentrierter Fruchtzucker und Vitamine wurden dann als eine Art Superfood in gebackener Form wieder zu neuem Leben erweckt.
Nichts anderes machen die Salzbäuerinnen Woche für Woche. Die im Herbst händisch gesammelten, feinsäuberlich gewaschenen, von den Kerngehäusen getrennten und gedörrten Kletzenbirnen sind die Basis für das Brot. Nicht nur Birnen, Zwetschken und Nüsse, sondern auch einen guten Teil der ebenfalls benötigten Feigen ernteten die Jetzingers heuer im eigenen Obstgarten.
Die steinharten Kletzenbirnen werden zur Verarbeitung gekocht, danach faschiert und mit dem Brotteig vermischt. Die Feigen und die anderen Früchte müssen händisch klein geschnitten werden. Beim „Feigenschneiden“ in abendlichen Runden am Stubentisch helfen alle acht Familienmitglieder mit. Es wird geplaudert und gescherzt, alte Geschichte zum Kletzenbrot sind zu hören.
Junggesellenbrot
Etwa jene über die Junggesellen. Gelang es früher einem Burschen in einer Saison auf sieben verschiedenen Höfen mit Töchtern Kletzenbrote zu verspeisen, war ihm im nächsten Jahr eine Hochzeit sicher. „Meinen Mann habe ich aber ohne Kletzenbrot bekommen“, scherzt Helene junior. Die Mutter von vier Söhnen führt den Hof mit Milchwirtschaft.
Inzwischen liegen die mit Eigelb bestrichenen und gelöcherten Kletzenbrotteiglinge auch schon auf dem Backblech. Der mächtige elektrische Bachofen knackst und signalisiert Betriebstemperatur. Gut eine Stunde dauert es, bis das Brot durchgebacken ist. Trotz der schweren Fülle flaumig aufgegangen, ist der Duft vielversprechend. Die Kostprobe hält das Versprechen. Ja, so schmeckt Weihnachten.
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