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Geschmackswandel in Gumpoldskirchen: Vom süßen Klassiker zum trockenen Geheimtipp

Neu interpretiert. Das traditionsreiche Erbe des „Gumpoldskirchners“ hat dem Wein ein besonderes Image eingebracht. Die Gebietsbezeichnung rückt nun zunehmend wieder in den Vordergrund.

 Als Hans Moser in seinem berühmten Wienerlied erstmals 1940 von der „Reblaus“ nuschelnd „den Gumpoldskirchner so von Herzen gern“ hatte, brauchten die Zuhörer keine näheren Erklärungen. Über viele Jahrhunderte hinweg war der Wein aus der Gemeinde südlich von Wien ein weithin bekanntes Qualitätsprodukt.

Davon zeugen zahlreiche Erwähnungen. Franz Schubert nannte ihn in seinem „Lebenslied“ als Lieblingssorte des Vaters. Franz Liszt wünschte sich in Briefen ausdrücklich einen Gumpoldskirchner „mit leicht herber, blumiger Note“. Und auch in Ludwig van Beethovens Werken findet er sich in einer Anmerkung als berühmter, österreichischer Wein.

Guter Ruf

Keine Rede war da noch von DAC, Grand Cru oder sonstigen Qualitätsbezeichnungen – Gumpoldskirchner reichte für den guten, weit über die Region hinausreichenden Ruf. „Er war im Grunde eine der ersten internationalen Marken“, sagt Georg Höbenstreit. „Der gesamte Wein aus der Gemeinde wurde so bezeichnet, ähnlich wie etwa Tokajer oder Somlauer.“ Vor 30 Jahren zog der selbst in der Markenartikelbranche tätige Niederösterreicher in die Gemeinde südlich von Wien und beschäftigte sich mit dem historischen Erbe. „Daraus entstand die Idee, diese Tradition wieder neu zu beleben“, sagt er.

Nun ist es nicht so, dass die Gumpoldskirchner Winzer ihr historisches Erbe verleugnen würden. Der Ortszusatz findet sich auf vielen Etiketten – allerdings unterhalb des Namens des Weinguts. In den vergangenen Jahrzehnten wurde nämlich in vielen Regionen der Name von Winzer oder Weingut oft vor der Region aufs Etikett gedruckt. Das passiert vermehrt wieder seit 2023. Damals wurde die Thermenregion, wo auch Gumpoldskirchen liegt, zum DAC-Gebiet. Das Kürzel für „Districtus Austriae Controllatus“ bezieht sich auf gebietstypische Qualitätsweine einer Region. Insgesamt gibt es derzeit 18 DAC-Regionen in Österreich. Um das Typische der Herkunft herauszustreichen, gibt es bei DAC-Weinen drei engere Herkunftsstufen: Gebietswein, Ortswein, Lagenwein. „Der Gumpoldskirchner ist in dieser Klassifikation so etwas wie ein klassischer Ortswein“, erklärt Höbenstreit.

Das Besondere am Gumpoldskirchner Wein waren schon seit jeher die autochthonen Sorten Rotgipfler und Zierfandler. Sie gedeihen hier besonders gut. „Da sind die Winzer ja schon vor Jahrhunderten draufgekommen, dass sich diese hervorragend ergänzen“, sagt Höbenstreit. Während der historische Gumpoldskirchner eher süß ausgebaut wurde, sind die modernen Produkte zeitgemäß gekeltert. „Der historische Gumpoldskirchner würde heutigen Weinfreunden vielleicht gar nicht mehr schmecken.“

Auch der Wein ist schließlich Modetrends unterworfen. Seit rund 35 Jahren schmecken den Weinliebhabern eher die trocken ausgebauten Weine. „Aber Gumpoldskirchen ist eben vor allem durch eher süßliche Weine bekannt geworden“, sagt Winzer Franz Händler vom Familienweingut Proisl. Allerdings bemerkt er seit einigen Jahren wieder mehr Nachfrage nach halbtrockenen und lieblichen Weinen. Vor allem in der Buschenschank. „Dort braucht man diese Weine eher als im Handel, dort werden sie weniger nachgefragt.“

Intensiv und mit Säure

Der „Grand Cru“, den Höbenstreit mit einem Freund und einem Winzer auf den Markt brachte, ist aber zeitgemäßeren Geschmacksvorlieben angepasst. Doch auch dafür seien die beiden Rebsorten Rotgipfler und Zierfandler ideale Kandidaten. „Diese Sorten lassen sich gut mischen. Der Wein wird dann trocken ausgebaut, das ergibt einen anderen Geschmack“, erklärt er grob das Produkt. Der Rotgipfler-Anteil sei jedenfalls höher als jener des Zierfandlers. Der Grund dahinter: „Der Rotgipfler ist von Haus aus sehr geschmacksintensiv, der Zierfandler steuert dann die entsprechende Säure bei.“

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