Gaudi beim Tanzcafé Arlberg – mit oder ohne Ski
Lech hat Sterne, Hauben und Chic. Einmal im Jahr setzt sich der Ort von anderen Skigebieten ab – beim Tanzcafé Arlberg
Auf der Burg steppt, wie man so sagt, der Bär. Florian Kasper und Max the Sax heizen die Menge an. Der eine mit hochrotem Kopf am Saxofon, der andere wippt lässig an den Drums. Vor ihnen sitzt das Publikum an fein gedeckten Tischen, mit geröteten Wangen – vom Carven, Sonnenbaden und dem hauseigenen Cuvée. Die Skifahrerinnen und -fahrer nippen an ihren Gläsern und verfolgen interessiert das Geschehen. Einige tanzen.
Man hört die Beats schon von der Gondelstation rüberschallen. Die „Burg“ ist ein Hotel in Oberlech. Es liegt auf 1.650 Meter direkt an der Piste und hat eine großflächige Sonnenterrasse, wo nun eine Bühne für die Veranstaltungen des Tanzcafés Arlberg aufgebaut wurde. Es ist früher Nachmittag, die Sonne strahlt und im Hintergrund der Bühne prangt die Bergkulisse. Immer mehr Menschen schnallen ihre Skier und Snowboards ab und begeben sich Richtung Musik.
Après-Ski anders
Renée Jud und Julia Mumelter sind zufrieden. Die beiden Frauen kuratieren seit 2016 das Tanzcafé Arlberg. Und das Konzept des zweiwöchigen Musik-Festivals geht auf: „Wir sorgen auch für Après-Ski-Stimmung, aber auf eine andere Art und Weise.“ In den 1930er- und 1940er-Jahren war die 5-Uhr-Tee-Kultur am Arlberg populär.
Es gab Tanzsäle in den Hotels, wo Kurse angeboten wurden und man zu Swing tanzen konnte. Das wollte man beim Tanzcafé wieder aufgreifen. Anfänglich stand nur Swing auf dem Programm, heute werden weitere Genres wie Indie oder Hip-Hop abgedeckt. Je nach Spielstätte und Publikum wählen Jud und Mumelter die Künstlerinnen und Künstler aus.
Max (the Sax) passt zur Burg. Außer Atem hüpft der Oberösterreicher nach dem Konzert von der Bühne. „Das war ein High-Energy-Erlebnis. Wir sind keine gemütliche Band und hier macht es richtig Spaß, die Stimmung anzuheizen!“ Er wischt sich den Schweiß von der Stirn: „Es ist selten, dass in der Höhe auch qualitative Livemusik gespielt wird – und weniger Après-Ski-Halligalli.“
An einem der Tische sitzen Carola und Martin aus Berlin und Köln. Die beiden kommen endlich zum Essen. Sie haben bis eben getanzt. Vor ihnen steht noch der Kaiserschmarrn. „Den essen wir auch kalt. Bei der Musik hält uns nichts mehr“, sagt die Berlinerin lachend. Das Paar ist extra für das Festival angereist und bleibt zwei Wochen in Lech.
„Wir fahren beide gerne Ski und kommen seit dreißig Jahren hier her. Das Tanzcafé haben wir zufällig entdeckt. Seitdem richten wir unseren Skialltag nach den Konzerten aus.“ Und Max the Sax gefällt ihnen besonders gut. Früher nahmen sie an den Swing-Tanzkursen in den Hotels teil.
Bei all der Feierlaune: Wer nach Lech kommt, muss es sich auch leisten können. Viele Eindrücke bestätigen die Vorurteile. Zum Beispiel, wenn auf der Taxifahrt vom Bahnhof in St. Anton nach Lech die teuren Schlitten an einem vorbeidüsen. Mit heruntergelassenem Autodach werden hinter dem Steuer die neuesten Sonnenbrillenmodelle präsentiert, gepaart mit wehendem Haar und flatternden Seidentüchern. Die Temperaturanzeige im Taxi zeigt minus drei Grad an.
Leere Talabfahrt
Im überschaubaren Ort flaniert Reich und Schön die Lechtaler Straße entlang. Es reihen sich Haubenlokale und Hotels mit ihren modernen Außenbereichen aneinander. Neben dem Hotel Krone endet die Talabfahrt. Wer nicht Ski fährt, sitzt im Pelz oder schicken Sportoutfit bei Champagner und E-Zigarette in einem der Außenbereiche. Und beobachtet, was sich im Ort und auf den Pisten tut. Doch auf der Talabfahrt ist nichts los. Wenige trauen sich wohl vor den Augen der anderen runterzukraxeln. Dann doch lieber per Gondelfahrt ins Tal zurück. Eine Frau verlässt mühsam auf glitzerigen Stöckelschuhen die Gondelstation und schaut verzweifelt auf den vor ihr liegenden Weg aus Eis und Schnee. Kurzerhand trägt ihr Mann sie über das Hindernis. Hämisches Grinsen an den Tischen der Lokale.
Infos
Anreise
Wien–St. Anton in 5 ½ Stunden. Weiter mit Taxi/Bus, oebb.at
Festival
31.3.–14.4.2024, die Konzerte sind gratis. Line-up folgt. Infos: tanzcafe-arlberg.com/de
Unterkunft
Die Pension Regina liegt ruhig und zentral: pensionregina.com
Restaurants
– In der Schneggarei isst man Holzofenpizza am Kaminfeuer: schneggarei.at
– Im Restaurant Olympia gibt es günstigere italienische Küche: hotelolympia.at/restaurant-olympia
Auskunft
lechzuers.com/de
Abgesehen von manchen Stereotypen ist Lech und die ganze Region ein besonderer Ort zum Skifahren und Genießen. Die glitzernde Schneelandschaft strahlt so grell, dass man blinzeln muss. Ein außergewöhnliches Winter Wunderland, und das spät
im April. Die Kuratorinnen Jud und Mumelter hoffen, dass das Wetter anhält und die Tanzcafé-Konzerte weiter bei Sonnenschein stattfinden können. 2024 wird übrigens ganz besonders: Heuer findet die zehnte Ausgabe des Festivals statt – erstmals am gesamten Arlberg.
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