Flaschenpost: Wein-Nachten
In etlichen Familien wird seit Generationen dasselbe Prozedere abgespult – generalstabsmäßig geplant, punktgenau ausgeführt.
Der Christbaumschmuck der Urgroßmutter, der Stille-Nacht-Gesang um 18.50, 19.00 Bescherung und dann Gebackener Karpfen, der alle Jahre wieder grundelt, als würde auch er schon seit Generationen träge durch den Schlamm wühlen. Niemand hat mehr recht Freude daran, aber keiner wagt es, davon abzurücken – man könnte den Opa kränken oder die Kinder verstören. Selbst der Wein zum Festmahl unterliegt strikten Vorschriften: Bei den einen muss es zum Fisch der rescheste weiße Sauerampfer sein, der aufzutreiben ist, bei anderen gnadenlos fruchtelnder Zweigelt zur gebratenen Gans. Man hat es uns eingetrichtert: Weißer Wein zu hellem Fleisch – roter Wein zu dunklem Fleisch.
Der Wein zum Festmahl unterliegt strikten Vorschriften: Bei den einen muss es zum Fisch der rescheste weiße Sauerampfer sein, der aufzutreiben ist, bei anderen gnadenlos fruchtelnder Zweigelt zur gebratenen Gans.
Ob Gans hellem oder dunklem Fleisch zuzuordnen und folglich mit weißem oder rotem Wein zu begleiten ist, auch diese Frage spaltet womöglich seit Generationen die Gesellschaft. Selbst wenn Wein-Knigge und penible Paarungsregeln überwunden sind, braucht es Einfühlungsvermögen und Sensibilität, um harmonische oder gewitzt kontrapunktische Kombinationen zu schaffen. Aber man darf sich entspannen: Auch wenn sich Querschmecker bei der Weinauswahl wichtig machen und Sensorik-Egozentriker ihre Befindlichkeit hemmungslos ausleben, entsteht kein großer Schaden. Geht es doch dabei tatsächlich nur um Pläsier und nicht um Menschenleben.
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