Faschiertes Laibchen mit Kartoffelpüree auf einem Teller

Warum man zu Faschierten Laibchen auch Frikadellen sagen darf

Warum Ćevapčići, Fleischlaibchen, Polpetti, Köttbullar und Burger (fast) dasselbe sind, woher sie kommen und was die alten Römer damit zu tun haben.

Gehört Knoblauch ins Faschierte Laibchen? Werden die Semmeln in Milch aufgeweicht oder in Wasser? Die Fragen wurden redaktionsintern heiß diskutiert. Tatsächlich wurden sich die Diskutanten nicht einmal einig, ob es nun Faschiertes Laberl oder Fleischlaibchen heißt. 

Die Unterschiede sind regional oder sogar von Familie zu Familie unterschiedlich, da die Rezepte meist schon von der Oma stammen. 

Laibchen oder Frikadelle?

Tatsächlich hat sich die Zubereitung für Faschiertes im Lauf der Jahrzehnte wenig geändert, wie ein Rezept aus dem Jahr 1935 (siehe unten) zeigt. Das damalige Standardwerk für „Haushaltungsschullehrerinnen“ und Gastwirte benennt die Masse, im Ganzen gebraten, als Faschierter Braten UND Hackbraten. 

Letztere Bezeichnung ordnen Sprachpuristen heutzutage unseren deutschen Nachbarn zu, was offensichtlich durchaus nicht immer so war. Tatsächlich unterscheidet sich die Zubereitungsart von Hackbraten und Faschiertem Braten beziehungsweise Faschierten Laibchen und Frikadellen nicht mehr als die zwischen einzelnen Regionen innerhalb Österreichs. 

Faschiertes ist bloß die österreichische Verballhornung des französischen „Farcieren“, was für feinhacken, durch die Fleischmaschine treiben, steht.

Rezept für Faschierte Laibchen aus dem Jahr 1935

aus: Wiener Küche / Sammlung von Kochrezepten der stattlichen Bildungsanstalt für Koch- und Haushaltungsschullehrerinnen und der Kochschule der Gastwirte in Wien. Verlag Franz Deuticke, 1935

Zutaten: 

  • 0,5 kg Rindfleisch (Zapfen, ohne Zuwage)
  • 0,5 kg Schweinefleisch (fett, Schopfbraten oder Schulterblatt)
  • 2 Semmeln
  • 1 Ei
  • Salz, Pfeffer und Majoran
  • 3 dag Zwiebeln
  • 0,5 dag Petersiliengrün
  • 3 dag Fett
  • 1/8 bis 1/4 Liter Wasser
  • 2 dag Mehl oder Brösel

Zubereitung: 

1 / Mageres Rindfleisch und fettes Schweinefleisch werden mit eingeweichten, ausgedrückten Semmeln gehackt oder faschiert

2 / Mit Ei, kleinwürfelig geschnittenem Speck, Salz, Pfeffer, Majoran, fein gehackten, in Fett angerösteten Zwiebeln und Petersilie und Wasser sehr gut durcharbeiten

3/ Auf dem Brett mit etwas Mehl oder Bröseln formen.

4 / In Fett herausbraten.

 

Arme Leute schummeln mit Semmeln und Käse

Schaut man über den deutschsprachigen Tellerrand, merkt man, wie gering die Unterschiede der faschierten Fleischzubereitungen international sind. Bei uns, in Deutschland und Ungarn wird die Masse mit eingeweichten Semmeln oder Toastbrot gestreckt, weil die traditionelle Arme-Leute-Speise mit möglichst wenig Fleisch möglichst viele Mägen vollbekommen musste.

Ein Kniff, auf den auch manche Italiener bei ihren Polpette, den beliebten faschierten Bällchen, zurückgreifen, wenngleich längst nicht jedes Rezept eingeweichtes Brot beinhaltet. Vielleicht jedoch Käse, der die Bällchen sättigender macht.  

Ein Hamburger mit Speck, Käse, Tomaten und Salat, angerichtet auf einem Brett, daneben Pommes Frittes

Faschiertes Laibchen made in America: Die deutsche Frikadelle landete in den USA im Brötchen und nennt sich seitdem (Ham)Burger. 

©Getty Images/iStockphoto/OlgaMiltsova/iStockphoto

Zum Käse greifen auch die Amerikaner in ihrem Burger. Dort kam man zum Faschierten Laibchen höchstwahrscheinlich via Hamburg. Angenommen wird, dass deutsche Einwanderer Hackfleischfrikadellen in Weizenbrötchen, genannt „Hamburger Stück“, gern auf den Schiffen Richtung neue Heimat aßen.

Auf der Weltausstellung 1904 in St. Louis wurden jedenfalls nachweislich Burger unter dem Namen „Hamburg“, ohne den heute üblichen beiden letzten Buchstaben verkauft.

Wer hat’s erfunden - und die überraschende Antwort

In die USA kam das Frikadellenbrötchen via Hamburg, aber wie kam das Laibchen zu uns? Ausgerechnet Schwedens Köttbullar (hier geht's zum Rezept), deren Ikea-Version soeben 40-jähriges Jubiläum feiern, könnten darüber Aufschluss geben.

Die schwedische Spezialität Köttbullar ist ursprünglich türkisch. König Karl XII brachte das Rezept aus dem Osmanischen Reich mit nach Hause.

Die schwedische Spezialität Köttbullar ist ursprünglich türkisch. König Karl XII brachte das Rezept aus dem Osmanischen Reich mit nach Hause. 

©Getty Images/iStockphoto/AlxeyPnferov/iStockphoto

Vor einigen Jahren schrieben die Schweden auf ihrem offiziellen Twitter-Account (inzwischen X), dass das Rezept der Fleischbällchen aus dem Osmanischen Reich importiert wurde.

Am Balkan wird man expliziter. Laut Croatia Week verbreiteten sich die – ohne Semmelzugabe, dafür ähnlich wie unsere Laibchen gewürzten – Ćevapčići zwar durch die Osmanen, sollen ursprünglich aber aus Persien stammen, wo wohl auch der Ursprung unserer Laibchen ist.

Ćevapčići angerichtet auf einem Teller mit Gemüsereis und Gurken.

Ćevapčići: In Südosteuropa und Vorderasien verbreitet. 

©Getty Images/iStockphoto/kabVisio/iStockphoto

Der Zeitpunkt ist unklar, doch schon im einzig erhaltenen Kochbuch des antiken Rom, dem "De re coquinaria", findet sich ein Rezept für ein mit Brot und Gewürzen aufgepepptes Laibchen, wenn auch in Wein, nicht in Milch eingelegt – oder eben in Wasser.

 

 

 „Hackbraten“ mit Ofengemüse aus dem Kochbuch "Natürlich Maria" von Sterneköchin Maria Groß

 „Hackbraten“ mit Ofengemüse aus dem Kochbuch "Natürlich Maria" von Sterneköchin Maria Groß.

©vivi d'angelo

Rezept „Hackbraten“ mit Ofengemüse von Maria Groß

Zutaten: 

  • 4 Scheiben Toastbrot
  • Milch zum Einweichen
  • 2 mittelgroße Zwiebel
  • 3 Knoblauchzehen
  • Koriander, Petersilie frisch
  • 500 g gemischtes Hackfleisch (Schwein und Rind)
  • 2 Eier
  • 2 EL Senf
  • 1 EL Paprika edelsüß
  • je 1 Prise Salz, Pfeffer
  • Chilipulver je nach Bedarf
  • Olivenöl zum Braten
  • 1  Dose Tomaten geschält
  • 3-4 kleine Snackpaprika
  • 250 g Kirschtomaten bunt
  • weiteres Gemüse nach Belieben (je nachdem, was im Kühlschrank gerade zu finden ist ...) 

Zubereitung:
1 / Das Toastbrot in Milch einweichen. Die Zwiebeln und den Knoblauch klein schneiden, den Koriander und die Petersilie hacken. 

2 / Das Hackfleisch in einer Schüssel mit Zwiebeln, Knoblauch, Eiern und Senf gut vermengen und mit Paprikapulver, Salz, Pfeffer, nach Belieben Chilipulver sowie Koriander und Petersilie würzen. Das eingeweichte Toastbrot hinzufügen und alles zu einer homogenen Masse verkneten. 

3 / Die Hackfleischmasse zu einem Braten formen und in einer Pfanne im erhitzten Olivenöl von allen Seiten anbraten. Den Backofen auf 180 °C Umluft vorheizen. 

4 /  Die geschälten Tomaten auf dem Boden einer Auflaufform verteilen. Die Paprikaschoten halbieren und entkernen und zusammen mit den Kirschtomaten auf die Tomaten geben. 

5 / Eventuell vorhandenes zusätzliches Gemüse grob schneiden und dazugeben. Den angebratenen Hackbraten auf das Gemüsebett legen. Das Ganze im vorgeheizten Ofen 30–40 Minuten backen, bis der Hackbraten durchgegart ist, die Garzeit kann je nach Größe des Bratens variieren. 

6 / Nach der Garzeit die Form aus dem Ofen nehmen, den Hackbraten aufschneiden und mit dem Gemüse servieren.

Buchcover des Kochbuches von Maria Groß: „Natürlich Maria“, Verlag Brandstätter, 36 Euro.

Maria Groß: „Natürlich Maria“, Brandstätter, 36 Euro.
 

©Brandstätter Verlag

Über Marianne Lampl

Digital Producer bei freizeit.at, dem Digitalformat der KURIER freizeit. Geboren im Burgenland, für den Besuch einer Kunstschule mit 13 Jahren nach Wien gekommen. Studierte dann Jahre später in Graz doch Journalismus und arbeitete schließlich in Wien beim ORF, bei Heute und PULS24.at, unter anderem als Ressortleiterin für Szene, Lifestyle, Entertainment und Kultur. Seit 2024 bei freizeit.at.

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