Der Weißwein wird noch lange nicht rot

Weinverbandspräsident Schmuckenschlager erwartet sich vom Jahrgang 2022 runde und harmonische Weine. Dass Österreich wegen des Klimawandels bald vom Weiß- zum Rotwein-Land wird, glaubt er nicht

Nicht nur die Qualität, sondern auch die Menge der Trauben und des Weins sind entscheidend für den ökonomischen Erfolg der Weinwirtschaft. Heuer sollen es rund 2,4 Millionen Hektoliter Wein werden. Das ist eine durchschnittliche Ernte. Wird deutlich weniger Wein produziert, dann kann die Nachfrage nicht mehr im vollen Ausmaß bedient werden. Es ist sehr schwer, verlorene Marktanteile wieder zurückzuholen.

„Die stabile Entwicklung bei der Ernte wird auch die Märkte stabilisieren“, zeigt sich der Präsident des Weinbauverbandes, Johannes Schmuckenschlager, durchaus zufrieden. Seine kurze Vorschau auf den Jahrgang 2022: „Ein vielversprechender Jahrgang. Der Regen der vergangenen Tage war wichtig. Das werden eher harmonisch runde Weine. Die Säure ist unter dem Vorjahr. Das kommt den Rotweinen entgegen.“ Auch bei den Prädikatsweinen rechnet Schmuckenschlager mit sehr guten Ergebnissen. „Der Erntezeitpunkt wird entscheidend sein, um im heurigen Jahr harmonische und fruchtige Weine einzubringen.“

Verbandspräsident Johannes Schmuckenschlager

©Kurier/Juerg Christandl

Mehr weiß als rot

Aktuell wird in Österreich rund zweieinhalb mal so viel Weißwein produziert als Rotwein. Wegen des Klimawandels und den steigenden Durchschnittstemperaturen gibt es immer wieder Wortmeldungen, nach denen Österreich bald von einem Weißwein zu einem Rotweinland werden wird.

Doch diese Prognose ist so nicht realistisch. In den vergangenen Jahren ist die Produktionsmenge beim Rotwein nicht gestiegen. Schmuckenschlager sieht zwar langfristig einen Trend zum Rotwein, rechnet aber nicht mit dramatischen Veränderungen. „Die Winzer haben bei den Weißweinen gelernt, mit dem Klimawandel umzugehen. Außerdem ist Österreich als Weißweinland bekannt.“ Zumal sich der Grüne Veltliner im Ausland einer steigenden Beliebtheit erfreut. Bei den Rotweinen sieht der Präsident des Weinbauverbandes gute Chancen für den Pinot noir. Diese Burgundersorte wird derzeit nur in sehr kleinen Mengen angebaut.

Weinpreise ziehen an

Gute Nachrichten für die Winzer gibt es vom Fassweinmarkt. Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren sind die Preise heuer hoch und stabil. Diese Weine werden etwa für Herstellung von Sekt verwendet. Generell werden die Weinpreise wegen der Preissteigerungen bei Weinflaschen, Etiketten oder etwa Treibstoffen anziehen. Es werde aber im Gegensatz zu anderen Warengruppen „keine Galoppsprünge“ bei den Weinpreisen geben, so Schmuckenschlager.

Abschließend gab es von ihm noch einen kurzen Kommentar zu im Herbst anstehenden politischen Ereignissen und dem Getränkekonsum in Österreich: „Die Bierpartei wartet auf den Wahltag für die Bundespräsidentenwahl. Die Winzer warten auf die Lese. Davon haben wir länger etwas.“

Andreas Anzenberger

Über Andreas Anzenberger

Andreas Anzenberger, geboren am 2.6.1962 in Kirchberg an der Pielach. Arbeitete nach der HTL-Matura als Bautechniker in der Privatwirtschaft. Studium der Publizistik sowie der Politikwissenschaften an der Universität Wien. Nach dem Abschluss Journalist bei der Wochenpresse. Seit 1989 Redakteur beim Kurier.

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