
Experte über das Bier auf der Kaiser-Wiesn und Bier zur Sachertorte
Ein WM-Sommelier erklärt, was er vom Bier am Oktoberfest und der Wiener Kaiser-Wiesn hält und warum man auch bei Sachertorte zum Seiterl greifen darf.
Beim Bierverkosten ist Österreich Weltmeister. Das heimische Team holte bei der Biersommelier-Weltmeisterschaft Mitte September in München Gold in der Nationenwertung. Mit im Team war der Wiener Reinhard Feigl.
Für den Einzelsieg hat es diesmal bei ihm noch nicht gereicht, denn inhaltlich war der Niederländer, der sich schließlich Gold holte „wirklich besser“, gesteht der Wiener neidlos. 2027 soll die nächste WM jedoch in Österreich stattfinden und darauf will er sich akribisch vorbereiten, erzählt er im KURIER-Interview hoch motiviert.
Über 100 Bierstile, von Wiener Lager über Weizen, Zwickl oder Bock müssen die Spitzensommeliers erkennen können. In einer Blindverkostung musste Feigl Aromen wie Karamell oder Marzipan, aber auch unangenehme, die auf Braufehler hindeuten, wie Babykotze, Kanal oder Schwefel aus dem Bier schmecken. Komplizierter wird die Aufgabe, weil das Aroma nach Pferdedecke etwa bei einem Sauerbier durchaus gewünscht ist, „wenn ich denselben Geschmack in einem Pils hätte, wäre das ein Fehler.“
Oktoberfestbier „gemütlich süffig“
In München ließ es sich Feigl nicht entgehen, auch zwei der sechs Oktoberfest-Biere zu probieren. Überrascht hat es ihn nicht. Es sei „wie jedes Jahr, gemütlich süffig“ gewesen. „Der Fokus liegt auf der Trinkbarkeit. Sie haben nicht sehr viel Körper, haben eine moderate Kohlensäure. Es ist ein gemütliches Bier, das man aus dem Maßkrug trinken kann, so wie man es sich am Oktoberfest vorstellt.“
Den immer wiederkehrenden Gerüchten, das Bier am Oktoberfest sei verwässert, widerspricht Feigl vehement. „Das Gefühl hab ich auf keinen Fall. Das würde gegen jegliche Qualitätsansprüche einer Brauerei sprechen. Es ist genau das Bier in den Gläsern, das man in der Flasche kaufen kann.“
Auf der Wiener Kaiser-Wiesn, auf der am Donnerstag (25.9.) „o’zapft“ wird, ist das Bierangebot vergleichsweise moderat. Es werden Gösser Märzen, der dazugehörige Radler, ein alkoholfreies Bier und Edelweiss Hofbräu verkauft (Preise siehe Kasten unten).
Kein eigenes Kaiser-Wiesn-Bier "völlig in Ordnung"
Dass es in Wien kein eigenes Bier für die Kaiser-Wiesn gibt, ist für Feigl „völlig in Ordnung“. Das Oktoberfest sei das größte Volksfest der Welt. Die Münchner Brauereien würden in die ganze Welt exportieren: „Dadurch kann man größer und anders denken.“ Das Oktoberfestbier „ist ungefähr so wie es bei uns die Bockbierzeit gibt. Es muss nicht für jedes Bierfest ein eigenes Bier geben. Wichtig ist, die Leute kommen zusammen und dass wir die Fahne des Bierlandes Österreich hochhalten.“

Biersommelier Reinhard Feigl bei der WM in München
©Doemens AkademieDas sagt Sommelier Reinhard Feigl zum Bier auf der Wiener Kaiser-Wiesn
„Das Bier präsentiert sich strohgelb und glanzfein mit einer feinen schneeweißen Schaumkrone. In der Nase habe ich angenehme Noten von Getreide und Weißbrot. Diese werden von würzigen Hopfennoten abgerundet. Beim Antrunk merkt man sofort die getreidigen Noten, gepaart mit einer moderaten Spritzigkeit und einer angenehmen Hopfenbitterkeit. Die Hopfennoten bleiben im Nachtrunk lange am Gaumen erhalten und animieren dazu den nächsten Schluck zu nehmen. Ein vollmundiges Bier mit hoher Drinkability, das zum Verweilen einlädt! Prost!“
Kein schlechtes Bier in Österreich
„Per se gibt es in Österreich kein schlechtes Bier“, sagt der Bier-Experte. Was er vermisst, ist mehr Mut zur Abwechslung bei den Biertrinkern.
Als Biersommelier berät er Gastronomen, welches Bier zu welcher Speise passt. Bei Wein sei das den Leuten längst bewusst. „Man weiß, wann rot. Man weiß, wann weiß. Aber es gibt ein Bier“, sei die Grundeinstellung. Dabei passe jeder Bierstil zu einer anderen Speise, zu anderen Aromen. Das werde aber in Österreich nicht wirklich gelebt.
Bier zum Schokokuchen „grandios“
Für den perfekten Biergenuss hat der Biersommelier mehrere Faustregeln parat. Trinkt man mehrere Biersorten sollte man auf jeden Fall mit der leichtesten beginnen. „Leicht und hell, so fängt’s an, dann es geht es hin zu schwer und dunkel.“ Beim Kombinieren zum Essen gelte, je leichter die Speise, desto leichter sollte auch das Bier sein, während zu deftigen Speisen, auch das Bier deftig sein darf.
Eine Chance, die sich viele Bierliebhaber entgehen lassen, sei, zu Süßem Bier zu kombinieren. „Das ist ein Gedanke, der bei uns selten bis gar nicht stattfindet. Menschen denken eher an einen süßen Wein oder einen Kaffee.“ Ein Stout, ein dunkles, zumeist obergäriges Starkbier, ergänze etwa perfekt eine Sachertorte. „Zu einem Schokokuchen ohne Marmelade oder Brownie trinke ich gerne ein Kirschbier, etwa ein Kriek. Das harmoniert super und ist eine grandiose Kombination.“
Feigl selbst ist neben Biersommelier auch Gastbrauer. Mit einem Freund nutzt er die Kapazitäten bestehender Brauereien, um unter der Marke Leopoldauer Brauhandwerk mehrere Sorten zu produzieren (siehe Kasten unten). Der Markt werde aber zunehmend schwieriger, was besonders auf höherpreisigeres Bier zutreffe. „Die Kaufkraft der Biertrinker geht zurück, gleichzeitig steigt das Gesundheitsbewusstsein bei den Menschen.“
Infos
Oktoberfest
Theresienwiese München
20.9.-5.10.2025
täglich ab 10 Uhr
oktoberfest.de
Nur Bier aus einer von sechs Münchner Brauereien, das den Spezifikationen der geschützten Marke „Oktoberfestbier“ entspricht, darf ausgeschenkt werden:
Augustiner
Hacker-Pschorr
Hofbräu
Löwenbräu
Paulaner
Spaten
Die Maß kostet je nach Zelt zwischen 14,50 und 15,80 Euro.
Im Wiener Prater werden
Gösser Märzen Bier
Gösser NaturRadler
Gösser NaturGold alkoholfrei
Edelweiss Hofbräu
um je 15,40 Euro pro Maß verkauft.
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