Interview: Fettes Brot ziehen Abschiedstour neuen Klopapier-Songs vor

Mit dem Album „Hitstory“ und der „History“-Tour legt das Rap-Trio die Mikros weg. Im Interview erzählten die drei, warum sie die Band auflösen.

„Am Anfang hatte der Gedanke, Fettes Brot aufzulösen, etwas sehr Bedrohliches, dann etwas erschütternd Trauriges“, erinnert sich Martin „Dokter Renz“ Vandreier im Interview.

Im August vorigen Jahres gaben er und seine Kollegen „Björn Beton“ Warns und „König Boris“ Lauterbach bekannt, die deutsche Hip-Hop-Band aufzulösen. Fast 30 Jahre lang hatte sich das Trio mit viel Humor in den Raps und frohlauniger Musik über bizarre Alltagssituationen lustig gemacht und häufig auch soziale Missstände angeprangert. Aber nach dem eben erschienenen Greatest-Hits-Album „Fettes Brot . . . Hitstory“ und der „Fettes Brot Is History“-Tour, die am 12. und 13. April im Wiener Gasometer Station macht, ist Anfang September endgültig Schluss.

Auf die Idee, sich zu trennen, kamen Fettes Brot während der Pandemie. „Als Corona losschlug, haben sich viele Musiker sofort eingeschlossen, Songs geschrieben und die Situation als Chance genommen, kreativ zu sein“ erklärt Warns. „Genau das war bei uns aber nicht der Fall. Wir haben eben nicht gedacht, wir müssen uns unbedingt zusammensetzen und satirische Lieder über Klopapier schreiben.“

Lange, sagen sie, haben sie den Gedanken, sich aufzulösen, diskutiert. Dabei wurde mit der Zeit immer klarer, dass man sich in den Interessen voneinander entfernt hatte und „man sich schwer damit tun würde, den Turnus einer nächsten Platte auf sich zu nehmen“.

Greatest-Hits-Album „Fettes Brot . . . Hitstory“

©Rough Trade

Deshalb, sagt Lauterbach, sei die Story Fettes Brot auserzählt. Und: „Wir können mit dieser Tour mit einem letzten freudig-traurigen Sich-in-den-Armen-Liegen völlig selbstbestimmt abtreten. Und das ist doch toll.“

Auch wenn die Drei für das Danach jetzt noch keine Pläne schmieden, stellen sie sich das sehr harmonisch vor. „Wahrscheinlich fallen dann, wenn man sich nur mehr auf privater Ebene begegnen kann, einige Sachen weg, die einem an den anderen auf die Nerven gehen“, sagt Vandreier. Und Warns vergleicht die Beziehung der Drei mit einer Ehe: „Es gibt genug Paare, die geschieden sind, wo sich danach eine innige Freundschaft entwickelt hat.“

Natürlich sind auf „Hitstory“ alle Chartsrenner von Fettes Brot vertreten. Darunter auch der Durchbruchshit „Nordisch By Nature“ von 1995, der die Band so überrascht hat, dass sie ihn nach einem Jahr zurückgezogen hat.

„Dabei ging es darum, dass wir Sorge hatten, zu einem One-Hit-Wonder zu werden, dass wir ewig als die lustigen Typen gesehen werden, die Disco nachmachen“, sagt Lauterbach. „Deshalb haben wir eine Todesanzeige-Anzeige in einer Musikzeitung geschaltet, in der stand: ,Nordisch By Nature‘ muss sterben, damit Fettes Brot leben kann!‘ Der Hintergedanke war, dass alle, die das Lied danach noch haben wollen, das ganze Album kaufen müssen und so die ganze Bandbreite unseres Schaffens kennenlernen. Das Lustige war, dass mit der nächsten Single ,Jein‘ der Erfolg endgültig nicht mehr aufzuhalten war.“

Hätte Fettes Brot ihn denn aufhalten wollen?

„Nein, aber suspekt war er uns schon. Wir standen der Pop-Maschinerie immer kritisch gegenüber und haben viel Geld am Wegesrand stehen gelassen, weil wir die Werbedeals, die uns Versicherungen, Lebensmittelkonzerne, Banken und alles dazwischen angeboten haben, abgelehnt haben. Aber unsere Integrität war uns immer wichtiger als das Geld.“

Brigitte Schokarth

Über Brigitte Schokarth

Brigitte Schokarth kennt die Rock/Pop/Indie-Welt in allen Aspekten, pendelt für Konzerte zwischen Flex und Stadthalle, für Interviews zwischen Berlin, London und New York. Sie spricht genauso gern mit Robbie Williams und Pink wie mit Amanda Palmer und James Blake und spürt in den Clubs der Musikmetropolen Trends und Newcomer auf.

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