Den frisch verschneiten Rodelweg hinauf zur Kleinarler Hütte

Die allererste Skitour und der Kampf mit dem inneren Schweinehund

Seit Jahren lockt die Idee eine Skitour auszuprobieren. Aber reichen Kondition und Kraft? Ein Selbstversuch in Kleinarl

Was habe ich mir nur gedacht, als ich mich für die erste Skitour meines Lebens entschlossen habe? Hinter mir liegt eine unruhige Nacht. Mein innerer Schweinehund bezweifelt, dass es eine gute Idee ist. Irgendwie beruhigend, dass selbst meine gertenschlanke Freundin Lisi angesichts der Premiere schlecht geschlafen hat. Und doch freuen wir uns nach zwei durchgeschneiten Tagen auf den Marsch durch die Winterlandschaft zur Kleinarler Hütte.

Aber erst geht es zum Sportgeschäft in Kleinarl, wo unser Bergführer Hans und die Ausrüstung auf uns warten – samt Seelenbalsam: „Wer sich fürchtet, hat schon verloren. Sicher schafft ihr’s rauf zur Hütte! Geht’s halt langsam, Schritt für Schritt zum Ziel“, sagt die Chefin, Anneliese Schernthaner, lächelnd.

Mit Erfahrung, Ruhe und Tee bringt uns Bergführer Hans Krimpelstätter ans Ziel

©Ulrike Botzenhart

Das ist mein Mantra, schon im Auto auf der Straße zum Ausgangspunkt unserer Tour, dem Parkplatz am Güterweg Hirschleiten. Hier, auf 1.206 Meter Höhe, jault mein innerer Schweinehund beim Anblick des ersten steilen Berghanges auf: Das ist die erbetene leichteste, kürzeste Tour weit und breit? Wenn der ganze Weg so ist, dann nichts wie weg!

Felle lassen die Tourenski am Berg nicht abrutschen

©Ulrike Botzenhart

Nein. Frau Schernthaners zuversichtliche Stimme im Ohr, schnalle ich die Tourenski an. Langsam. Schritt für Schritt. „Weiter oben wird es flacher, und wir haben ja Zeit“, sagt Hans, vielleicht hat er meinen Schweinehund auch gehört. Nach ein paar Höhenmetern, von knapp fünfhundertfünfzig noch verbleibenden, brüllt das Biest nicht mehr, es keucht. Und ich mit ihm, während zwei sportliche Tourengeher im Eiltempo vorbeiziehen. Hans dreht sich zu mir um, schaut mir beim Gehen zu und erklärt lächelnd: „Wenn du bei jedem Schritt den ganzen Ski aufhebst, wird das sehr anstrengend.“ Aha.

Umdenken

Als alte Skifahrerin habe ich zwar akzeptiert, dass jetzt nur die Schuhspitze in der Bindung fixiert ist, aber dass ich nur die Ferse heben muss und zeitgleich den Ski nach vorne schieben – das dauert seine Zeit. Auch das Klacken der Ferse auf dem Metallteil, der als Steighilfe in der Höhe verstellbar ist, kommt mir am Anfang eigenartig vor. Es ist das einzige Geräusch weit und breit.

©Ulrike Botzenhart

Die steile Abzweigung durch den Wald, wo die sportlichen Tourengeher verschwunden sind, lassen wir links liegen und gehen Kehre für Kehre den Rodelweg hinauf. Klack, klack, klack, klack. Im gleichen Rhythmus immer weiter. Nur nicht stehen bleiben. Klack, klack, klack, klack. Das hat etwas Meditatives. Klack, klack, klack, klack. Dieses stete, ruhige Gehen, ja, das hat was.

Es wird wieder steiler, das Klacken des Absatzes auf der Steighilfe verliert den Takt. Ich bleibe stehen, fotografiere und sauge die Ruhe und Schönheit der frisch verschneiten Landschaft tief ein. Schau, wie schön der Pulverschnee von den Fichten rieselt, sag ich dem knurrenden Tier in mir. Und weiter, sonst wird es kalt. Lisi und ich werden langsamer. Pause. Hans schenkt uns warmen, gezuckerten Tee ein. So gut hat der noch nie geschmeckt. Frisch gedopt geht es weiter, bergauf, bergab, gerade aus, links, rechts, links. Klack, klack, klack, klack.

Abschneider? Lieber nicht

©Ulrike Botzenhart

„Da vorne“, zeigt Hans auf einen steilen Tiefschneehang, „da gibt es einen Abschneider. Er ist kürzer, aber anstrengender. Oder sollen wir den längeren Rodelweg weiter gehen?“ Das wollen wir ganz bestimmt, sind Lisi und ich uns einig. Durch den Tiefschnee, der nur knapp die Baumstümpfe verdeckt, ziehen zwei Tourengeher ihre Spuren hinunter. „Ich fahre hier sicher nicht runter!“, ruft Lisi nach lautem Protest ihres Schweinehunds.

Überglücklich und stolz am Ziel

©Ulrike Botzenhart

Doch auch der hat keine Chance. Nach der Rast auf der Kleinarler Hütte wedelt Lisi mit Hans durch den Tiefschnee ins Tal. Meinen brennenden Oberschenkeln ist der Pulver egal, mir reicht der Rodelweg bergab. Die Moral von derer G’schicht: Vor der nächsten Tour wird erst trainiert. Der Schweinehund schweige still.

Info

Klimafreundliche Anreise
Mit dem Zug bis St. Johann im Pongau (oebb.at), danach mit Bus oder Taxi. Viele Hotels haben ein Abholservice.
wagrain-kleinarl.at

Guide und Tourenski-Verleih
In Kleinarl ist Schernthaner Sports  Allroundanbieter auch abseits  der Pisten, organisiert Ski- und Bergführer und verfügt über ein Taxiservice, skischule-kleinarl.at

Kleinarler Hütte
Etwa zwei Stunden dauert die Skitour vom Parkplatz Hirschleiten über den Rodelweg bis zur Kleinarler Hütte auf 1.756 Metern, es gibt  auch Wege durch den Wald dorthin. Wer mehr Kondition hat, geht von der  Hütte, wo es gutes Essen und Zimmer zu moderaten Preisen gibt, weiter zum Penkkopf auf  2.011 Meter. Die Hütte verleiht Rodeln samt Zubringerservice, kleinarlerhuette.at

Unterkunft
Das Hotel Alpina Wagrain ist ein sympathischer 4-Sterne- Familienbetrieb mit gemütlichem Interieur, Wellness und  Hallenbad. Preisbeispiel für ein Paket: Vier Nächte  inkl. Verwöhnpension, 3-Tage-Skipass für Ski amadé,  Eintritt in die Wasserwelt Wagrain und Fitnesszentrum im DZ Standard ab 583,50 €, hotelalpina.at. Hotelierssohn Lukas Wiesbacher, Physiotherapeut, bietet im Haus Therapien, Fitness und Massagen an

©Grafik
Ulrike Botzenhart

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