Vom Ex-Knacki zum Fleischer: Hannes Hönegger verkauft jetzt in Wien
Der Salzburger Bio-Bergbauer und Fleischer Hannes Hönegger gilt als einer der verrücktesten Vertreter seines Standes – jetzt bringt der Ex-Häftling das saftige Fleisch seines Lungauer Rindes nach Wien.
Seiner Karriere im Berliner Rotlichtmilieu hat Hannes Hönegger viel zu verdanken: Hätte der ehemalige Generalsekretär für Tourismus in der Europäischen Wirtschaftskammer für seine Straftaten in Hochsicherheitsgefängnissen nicht 2,5 Jahre einsitzen müssen, hätte er wohl nie den Beruf des Fleischers kennengelernt. Die Monate im Gefängnis nutzte er, um in der Häfn-Fleischerei alles über die Rinderzucht zu lernen. Für welche Straftaten der Vater dreier Kinder sitzen musste, verrät er im Interview mit dem KURIER übrigens nicht.
Aber seit seiner Zeit im Gefängnis möchte er Reue tun und der Gesellschaft etwas zurückgeben.
Tierwohl am Berg
Vor vier Jahren entwickelte der Bergbauer aus dem Salzburger Lungau einen Bio-Schlachthof auf 1.200 Meter Seenhöhe und beliefert seitdem die Spitzengastronomie: „Im Jahr schlachten wir 300 Rinder und 300 Kälber – in einem ganzen Jahr so viele Tiere wie große Schlachthöfe an einem Tag schlachten“, erzählt Hönegger. „Bio ist die Rückkehr zur Normalität. Wichtig ist auch, dass die Tiere stressfrei geschlachtet werden – nicht nur aus ethischen Gründen, auch wegen der Fleischqualität. Das Fleisch ist länger haltbar, weil das Fleisch von gestressten Tieren übersäuert. Bei uns muss der Bauer beim Schlachten dabei sein, weil er und das Tier Vertrauen aufgebaut haben. Zudem darf nur ein Tier nach dem anderen in den Schlachtraum geführt werden und es darf nur Fachpersonal anwesend sein, das im Umgang mit den Tieren geschult ist.“
Schon vor 25 Jahren baute die Familie den Rinder-Stall in einen Laufstall um, damit die sogenannte Anbindehaltung ein Ende hatte. Der Bergbauernhof in Lessach befindet sich seit 1571 in Familienbesitz: Der Salzburger hält 60 Rinder, darunter auch einen Wagyu-Stier vom deutschen Rinderzüchter Lucki Maurer – bekannt aus „In 80 Steaks um die Welt“ – sowie vier Mutterkühe. Die Kälber dürfen ein halbes Jahr bei den Müttern stehen und sich satt trinken, bis sie zur Schlachtbank geführt werden. Hönegger kauft zudem Tiere von regionalen Bio-Bauern auf und verarbeitet diese am Schlachthof.
Besondere Bekanntheit erlangten die Burger-Laibchen unter der Marke „Lungaugold“: Mehrere tausend Burger in der Woche verkauft Hönegger an das Spitzenrestaurant „Hangar 7“ von Red Bull. „Unsere Burger zählen zu den Besten, aber wir verwenden nur das Fleisch von Jungrindern und Kälbern – ein einzigartiger Geschmack.“ Die Ingredienzen für die Burger-Laibchen will Hönegger nicht verraten. Nur so viel: In die Masse verarbeitet der Fleischer das ganze Tier, abgeschmeckt wird mit schwarzen Pfeffersorten. Ein Frevel wären für ihn Zwiebel in der Fleischmasse.
Urban grillen
Ab 18. August wird es das Burgerfleisch aus artgerechter Haltung, seinen Bio-Leberkäse – ja, aus Rind! – und zahlreiche Special-Cuts von Rind und Kalb in der Bundeshauptstadt zu kaufen geben: Gemeinsam mit dem Delikatessenhändler Marco Simonis eröffnet Hönegger zehn Minuten vom Wiener Naschmarkt entfernt einen BBQ-Shop für Städter, der keine Wünsche offenlassen soll.
In einem schwarzen, stylischen Kühlschrank präsentieren die Unternehmer das vakuumierte Frischfleisch mit unterschiedlichen Reifegraden, spezielle Wünsche wie Wagyu können vorbestellt werden. Der Salzburger möchte künftig selbst zwei Tage in Wien im Verkauf stehen, um den Kunden Zubereitungstipps zu geben. "Es soll kein reiner Fleisch-Verkauf sein – die Beratung soll im Vordergrund stehen. Ich esse am liebsten Kalbstafelspitz in allen Varianten: Wenige wissen, dass man diesen wunderbar grillen kann."
Hinter der Geschäftseröffnung steht Simonis, der ein urbanes Konzept verwirklichen will: "Wenn man in das Geschäft hineingeht, soll man den ganzen Abend in einem einzigen Einkauf erledigen können.“ Die Grill-Feier könnte mit Aperitifs, Crostinis, Antipasti aus Süditalien wie Puntarelle, Artischocke, Oliven, Paradeisern starten. Neben dem Grillgut – auch Fisch und Schweinefleisch – gibt es Rubs, Gewürze, ausgefallene Ketchup-Sorten und Saucen wie Chili-Schokolade oder ein Chili-Grammelschmalz. "Wein, Essig, Öl und Süßes, damit man sich um das Dessert nicht den Kopf zerbrechen muss, komplettieren das Angebot."
Was so nicht ganz stimmt, denn der kreative Edel-Greißler hat mit "Big Green Egg" das bekannte US-Unternehmen mit ins Team geholt: Der Städter-taugliche Griller – findet Platz auf dem Balkon – ist ein nach traditioneller japanischer Form gefertigter Grill mit Deckel und Keramikkorpus: Die Bauart ist auch als Kamado bekannt. Das Geheimnis liegt in der Wärmeisolierung der von der NASA entwickelten Spezialkeramik. Ein Teil des "Urban BBQ & Meat" wird ein Verkaufsbereich für das Green Egg, Grillkohle und Holzkohle sowie Accessoires wie Pizzasteine.
Zu Mittag sorgen Snacks wie Leberkäse und Pastrami für das leibliche Wohl: Letzteres stammt vom Brustkern des Rindes, das der Fleischer drei Tage lang gart und sechs Stunden im Green Egg für würzige Aromen räuchert.
Selbst isst der 38-Jährige, der seine Lebensgeschichte mitsamt Rezepten von bekannten Salzburger Köchen im Brandstätter Verlag veröffentlichte, zweimal die Woche Fleisch – generell bittet er alle Konsumenten: "Esst weniger Fleisch!"
Info: Hannes Hönegger, "Das Goldene Kalb", Brandstätter Verlag, 35 Euro
Urban BBQ & Meat, Taubstummengasse 13, 1040 Wien, Mittwoch bis Freitag 11 bis 19 Uhr, Samstag 10 bis 15 Uhr, ab 19. August
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