Die schrägsten Wiener Punschvariationen im Test

Mozart, Elfen oder Erkältungstrunk. Die Redaktion hat sich durch die skurrilsten Punschvariationen gekostet.

Von Josef Gebhard, Verena Richter, Agnes Preusser und Christoph Schwarz

Sie schmecken nach Apfelstrudel (mit Rosinen), Schwarzwälder-Kirsch-Torte und nach Eierlikör: Die Rede ist tatsächlich von Punsch-Variationen. Im Wettstreit um die trinkfreudige Kundschaft sind der Kreativität der Christkindlmarkt-Standler keine Grenzen gesetzt.

Jedes Jahr überraschen sie mit neuen Geschmackskompositionen und Trends, auf den groß angeschlagenen Getränkekarten sind Klassiker wie Beerenpunsch und Glühwein längst in der Minderheit.

Die Kundschaft ist zahlreich – und nimmt auch hohe Preise in Kauf: In Umfragen geben zwei Drittel der Österreicher alljährlich zu Protokoll, dass vor allem Glühwein und Punsch beim Besuch des Christkindlmarktes keinesfalls fehlen dürfen. Ein solider erster Platz in jedem Ranking.

Doch was steckt wirklich hinter ausgefallenen Getränken wie heiße Liebe, Elfenpunsch oder dem Hot Toddy? Wonach genau schmeckt eigentlich Mozart? Und: Welche Kreation kann man guten Gewissens weiterempfehlen? Die Redaktion hat zehn schräge Punsch-Variationen einem strengen Test unterzogen. Eine nicht ganz nüchterne Betrachtung.

Kein Märchen im Häferl

Ja, das klingt nach Schwebezustand und Zauberei – in Wahrheit schlägt man beim Genuss hart auf dem Boden der Realität auf. Wenn man das Häferl mit der glitzernden Schlagoberskrone ausgehändigt bekommt, fühlt man sich zwar kurz wie eine Prinzessin. Die Streusel sinken aber in Sekundenschnelle ein und machen Instagram-taugliche Fotos fast unmöglich. Unter der Krone ist es unerträglich süß. Und die Kühle des Schlagobers täuscht: Wer schnell trinkt, verbrennt sich den Mund

Fazit
Geeignet für flinke Fotografen, eher weniger für Diabetiker und Gierige

Schlecht komponiert

Womit sich der Großmeister der Wiener Klassik das verdient hat, ist unklar – dass der nach ihm benannte Punsch den Geschmack Mozarts getroffen hätte, ist hingegen fast auszuschließen: Klassischer Punsch wird hier unter einer Schlagobers-Haube um einen gehörigen Schuss Malibu (also Kokosrum) angereichert, mancher Wirt wählt stattdessen Mozart-Likör. Letztes ist stilechter, die Geschmacksnerven sind ob der unnatürlichen Süße aber in beiden Fällen schwer irritiert 

Fazit
Keine schöne Komposition. Von einem echten Klassiker weit entfernt 

Rosinen im Tee

Diese Erfindung lockt Amerikaner an: „Viennese Apfelstrudel“ ist der Beweis, dass sich Klischees gut vermarkten lassen. Dass man den warmen Wiener Apfelstrudel jetzt auch als Punsch trinken kann, erheitert. Der dekonstruierte Apfelstrudel im Häferl könnte aber auch eine Parodie auf die Fine-Dining-Kultur sein. Der Punsch schmeckt nach Butter, Apfel, Zimt und Zucker. Die Garnitur – tatsächlich ein Löffelchen voller Rosinen – kommt direkt in das Getränk 

Fazit
Gut, dass die Rosinen am Boden kleben bleiben. So schmeckt man nur buttrige Äpfel mit Alkohol.

Der Muntermacher

Red Bull mit Wodka oder Red Bull mit Jägermeister. Die picksüßen Mixgetränke kennt in Österreich jeder – sei es vom Club-Besuch oder aus dem Ibiza-Urlaub. Endlich gibt es den Energydrink auch als Punsch. Und der hätte wohl nicht nur Didi Mateschitz geschmeckt. Zwar riecht das Heißgetränk – zum Einsatz kommt die Red-Bull-Winter-Sonderedition „Feige Apfel“ – stark nach künstlichem Obst, der milde weihnachtliche Geschmack überrascht aber durchaus positiv

Fazit
Schmeckt deutlich besser, als es klingt. Und Energiekick erhält man als Plus oben drauf.

Mittel gegen Fernweh

Ein Mittel gegen Fernweh gibt es heuer auch am Christkindlmarkt – Thai-Punsch sei Dank! Optisch erinnert er an eine Asia-Suppe, im Häferl schwimmen Chili, eine Scheibe Limette und Zitronengras. 
Nur die Nudeln fehlen. Die Garnitur täuscht, die extreme Süße überrascht dadurch noch mehr. Vor der Schärfe muss man sich hingegen nicht fürchten, die Chili ist für europäische Geschmäcker gut dosiert 

Fazit
Eine nette Abwechslung zu den herkömmlichen Sorten, aufgrund der Süße reicht aber ein Häferl

Flüssiges Dessert

Ein guter Ersatz für alle, die sich Waffeln, Crêpes und andere Kalorienbomben sparen wollen. Zuerst riecht der Punsch vor allem nach Bitterschokolade, eine dezente Himbeer-Note führt die Nase auf eine falsche Fährte. Beim ersten Schluck ist die Assoziation dann sofort da:  Schwarzwälder Kirschtorte. Dennoch liegt der „Schoko Rosso“ nicht schwer im Magen, verträgt sich beim Durchkosten auch mit anderen Punschsorten  

Fazit
Schmeckt nicht nur Naschkatzen, Süße der Schokolade und Säure der Kirsche sind perfekt ausgewogen

Ein heißer Longdrink

Ob in Longdrinks oder Cocktails – Gin gehört seit vielen Jahren zu den beliebtesten Spirituosen. Nichts lag daher näher, als mit dem Wacholder-Schnaps ein winterliches Punschhütten-Heißgetränk zu kreieren. Das funktioniert überraschend gut, vor allem weil sich der Alkohol (anders als bei vielen anderen Punsch-Sorten) geschmacklich  dezent im Hintergrund hält. Womit  allerdings ein gewisses Gefahrenpotenzial einhergeht 

Fazit
Kann ohne Gesichtsverlust geordert werden, sofern man einen temporären Gedächtnisverlust in Kauf nimmt

Der Erkältungstrunk

Glaubt man der Dame hinter der Schank, dann handelt es sich beim Hot Toddy – Zitronenwasser mit Rum, Zimt und Rosmarin – um ein In-Getränk. Die Recherche zeigt: Es ist (mit Whisky zubereitet) ein in Irland und Schottland beliebtes Erkältungsgetränk, das sich zuletzt den Ruf als Winter-Cocktail erarbeitet hat. Eine ziemlich saure Angelegenheit, die eher an den Vitamin-C-Trank erinnert, den man während der jüngsten Erkältung einnehmen musste  

Fazit
Perfekt für all jene, die auch   krank nicht auf den Besuch am Markt verzichten wollen

Der Beetle unter den Punschen

In rauen Landgegenden soll dem Vernehmen nach früher Kindern gerne Eierlikör verabreicht worden sein, um sie an den Geschmack von Alkohol zu gewöhnen. Erhitzt aus dem Punschhäferl konsumiert, lässt die klebrige Spirituose hingegen im Nu jeden Gusto auf Hochprozentiges verfliegen. Besonders in der verschärften Variante mit dem Schlagobers-Häubchen, das rasch zerfließt, um mit dem Rest des Getränks einen penetranten Aroma-Teppich zu bilden

Fazit
Pseudo-originelle Geschmacksverwirrung. Am ehesten noch empfehlenswert für Menschen, die auch gerne VW Beetle fahren

Amore per il ponce 

Italienliebhaber kommen auch auf Weihnachtsmärkten auf ihren Geschmack. Dort warten Amaretto-Punsch oder Venedig-Punsch. Letzterer ist eine säuerliche Mischung aus Punsch, Glühwein und Aperol und wird mit Orangen garniert.  Der Amaretto-Punsch ist für Liebhaber des italienischen Likörs gemacht. Der wird gemischt mit Beerenwein, Punschgewürzen und noch mehr Zucker. Er schmeckt nach Marzipan

Fazit
Auch in Sachen Punsch hat Italien für jeden etwas zu bieten: Der Venezianer ist de facto ein heißer, saurer Aperol. Der Amaretto ist sehr süß und kräftig

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