Nostalgie: Ein Herrenabend mit Schinkencremetorte und dicken Zigarren
Der Kolumnist ist ja ein hoffnungsloser Nostalgiker. Ein altes Kochbüchlein ließ ihn aber ratlos zurück.
Der Kolumnist ist ja ein hoffnungsloser Nostalgiker, auch und vor allem in der Küche. Und so schmökerte er erst vor wenigen Tagen in einem alten Kochbuch. Man sah dem guten Stück an, dass es der Großmutter gute Dienste geleistet haben muss, es war voller Fettspritzer (das schönste Kompliment an ein Kochbuch überhaupt!) und so zerfleddert, dass selbst beim achtsamen Öffnen gleich die ersten losen Seiten zu Boden schwebten.
Die Angaben in dem Büchlein waren herrlich simpel, heute würde sich das keiner mehr trauen. Gebacken wurde da „bei mittlerer Hitze“ und „so lange, bis es fertig ist“. Ein Zugang, dem der Kolumnist durchaus einiges abgewinnen kann.
Beim Durchblättern wurde er allerdings plötzlich stutzig. Zwischen all den Süßspeisen, die nach Anlässen – „Zu Weihnachten“, „Für die Party“ – sortiert waren, stieß er unverhofft auf das Kapitel „Herrenabend“. Das weckte seine Neugier. Die Abbildung zum Rezept zeigte eine Cremetorte nebst einer Flasche Wein (Jahrgang 1954) und einer Zigarre. Das waren noch Zeiten!
Der Name der Torte überraschte dann doch: Delikate Schinkentorte. Zwischen zwei Rührteigböden sollte dick eine Schinkenfüllung gestrichen werden – bestehend aus Speckwürfeln, Zwiebel, Essiggurkerl, Kapern, Würfelsuppe und (natürlich) Kochschinken, aufgekocht mit Kartoffelstärke.
Die Creme, mit der die Torte feinst bestrichen wird, sollte sich beim Lesen als Frischkäse-Butter-Mischung entpuppen, garniert mit Schnittlauch und zu Dreiecken geschnittenen Pumpernickelstückchen. Man gönnt sich ja sonst nichts.
Dass ausgerechnet diese Seite des Kochbüchleins kräftig verklebt war – mutmaßlich mit der oben genannten Frischkäsecreme – verunsicherte Ihren Kolumnisten. Zumindest haben wir nun Gewissheit: Auch früher war nicht alles besser.
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